Der Schulausflug unserer 7. Klassen an den Lake Naivasha


Ein Reisebericht von Susanne Roithmeier.

Die Küstenregion, in der Asante e.V. tätig ist, ist von Tourismus geprägt. Abseits des Tourismus ist das Leben der Menschen von Armut und oft von Überlebenskampf gezeichnet. In diesen Häusern werden Kinder groß, ohne je eine Idee gehabt zu haben, wie die Welt außerhalb Tiwis aussieht.

Einmal in ihrer Schulzeit sollten unsere Kinder der Küstenregion jedoch einen Eindruck vom Landesinneren bekommen. Es geht nicht nur um Wissen und Erfahrung. Es geht auch darum, den Kindern eine Perspektive fürs Lernen und fürs Leben zu geben: Was hält die Welt für mich bereit? Welches Ziel für meine Ausbildung setze ich mir? Was möchte ich werden können, jetzt, wo ich Unterstützung erhalte?

Aus diesem Grund brachen die 7. Klassen der Kristina Academy und der Redeemed Academy zu einem fünftägigen Ausflug ins Landesinnere auf, der im Vorfeld im Detail geplant wurde und gefüllt war mit Inhalten, Orten und Erfahrungen.

Als Organisatorin bin ich mitgefahren und möchte Sie hier an den fünf Tagen voller gemeinschaftlicher und inhaltlicher Erlebnisse teilhaben lassen. Karibuni – Willkommen!

Dienstag, 27. Februar

47 Schüler erscheinen pünktlich und aufgeregt auf dem Schulgelände. Die Rucksäcke sind dick gefüllt mit warmer Kleidung, denn das Landesinnere ist um einige Grade kälter. Sie erhalten Taschengeld, ein Lunchpaket und Wasser und wir steigen in die beiden bereitstehenden Busse in Richtung Mombasa. Zum ersten Mal in ihrem Leben werden die Schülerinnen und Schüler und ihre begleitenden Lehrer Zug fahren. Mitte 2017 wurde die neue Bahnstrecke Mombasa-Nairobi fertiggestellt. Die erste Hürde am Bahnhof sind die Rolltreppen, und sie werden mit Mut und gewagten Sprüngen gemeistert!

In Nairobi angekommen, holt ein Bus die Gruppe ab und bringt sie in die Unterkunft. Ein spätes Abendessen wartet, und anschließend ist Nachtruhe in den Sechserzimmern. Der Morgen danach zeigt: die meisten Kinder haben voller Freude die Nacht durchgemacht. Wann sonst können sie beieinander übernachten und plaudern, bis der Morgen dämmert?

Mittwoch, 28. Februar

Nach einem ausgiebigen Frühstück verlässt der Bus Nairobi in Richtung Naivasha. Der erste Stopp ist der Supermarkt „Naivas“: Taschengeld ist dazu da, ausgegeben zu werden. Und wann sonst können unsere Kinder aus Tiwi in den Supermarkt gehen?

Die Kinder werden hellwach, als der Bus an der Abbruchkante des Great Rift Valley hält. So viel Höhenunterschied (ca. 450m, die steil hinab fallen) macht den Magen flau. Hier entsteht unser erstes Gruppenfoto und manche Kinder kaufen sich Schmuck von den Händlern am Straßenrand.
Südlich von NAIVASHA biegen wir ab in Richtung des LAKE NAIVASHA. Am Ufer des Sees befindet sich das CENTER OF EDUCATION IN SUSTAINABILITY „ELSAMERE“. http://www.elsamere.com/field-study-centre/about-ces . Es ist das frühere Haus und Grundstück von Joy und George Adamson (bekannt durch J. Adamsons Buch und Film „Frei geboren“), das heute ein Zentrum für Schüler und Studenten ist, die sich mit der Thematik von Nachhaltigkeit auseinandersetzen. Dort begrüßt uns unser Guide Anthony, der uns in den nächsten zwei Tagen begleiten wird.

Die Kinder checken in ihre Cottages ein. In Gruppen von vier bis elf Jugendlichen wohnen sie in gemütlichen Holzhäusern. Doch viel Zeit haben sie nicht, denn es geht sofort nach dem Mittagessen los zu einer Blumenfarm, die Rosen für den europäischen Markt produziert. 80% der am See produzierten Rosen gehen in den Europäischen Markt. Wir erfahren nicht nur von den Herausforderungen des Pflanzens und Erntens, sondern auch des Transports, des dort aufzubereitenden Abwassers und der Arbeitsbedingungen der Mitarbeiter und ihrer Familien.

Das Lagerfeuer, das nach dem Abendessen geplant war, fällt dem Regen zum Opfer. Stattdessen sehen die Jugendlichen im Seminarraum den Film „Free born“ und sind überwältigt davon, wie eng ein Löwe mit Menschen zusammenleben kann.

 

 

 

Donnerstag, 1. März

Der dritte Tag beginnt mit einem reichhaltigen Frühstück. Die Kinder lernen Cornflakes kennen. Anfänglich zögerlich, ist die Schüssel mit den Flocken schnell leer. Der Bus zum Hell‘s Gate National Park steht bereit. Neben Tierbeobachtung erklärt Anthony uns die durch Vulkanismus geprägten Felsformationen und bringt sie in den Zusammenhang mit der Entstehungsgeschichte des GREAT RIFT VALLEYs. Die Kinder klettern auf den FISHER‘s TOWER und in die Schlucht. Am Rand des Parks steht das Geothermiekraftwerk OLKARIA POWER PLANT, zu dem wir eine Zugangsgenehmigung erhalten konnten. Die Schwefelgerüche, die Lautstärke und die Dimension des Kraftwerks sind eine Herausforderung für unsere Kinder, die sie meistern. Hatten sie doch im Unterricht bereits die Formen der Stromgewinnung durchgenommen.
Weiter geht es zum Lake OLOIDEN. Hier können die Kinder erleben und erklären, was sie theoretisch im Unterricht bereits durchgenommen haben: dass Salz- und Süßwasserseen nebeneinander sind und warum sie eine unterschiedliche Fauna und Flora haben.

Nach dem späten Mittagessen treffen sich alle im Seminarraum. Es geht um Bedeutung des LAKE NAIVASHA als Wirtschaftsfaktor und um die Verantwortung für den See. Der See ist die Grundlage für die vielen Blumenfarmen und für einen großen Teil der Milchviehwirtschaft des Landes. Die Abwässer aus den Betrieben müssen aufbereitet und dem See wieder zugeführt werden, um die Ökologie des Sees zu erhalten.

Wir sind überrascht, als die Frage eines Lehrers beim Abendessen, wie denn der Tag war, mit „too short“ beantwortet wird, und freuen uns über den Lerneifer unserer Kinder. Erneut können wir wegen Regens kein Lagerfeuer schüren und schauen deshalb die Fortsetzung des gestrigen Films, „Living free“. Was für Europäer selbstverständlich ist – Filme anzuschauen -, ist für unsere Kinder ein Erlebnis. Hat doch kaum eins der Kinder Strom zuhause!

Freitag, 2. März

Alle Kinder sind pünktlich beim Frühstück und freuen sich auf die Bootsfahrt auf dem See. In vier Booten sind wir unterwegs zu den Hippos und füttern sogar einen Fischadler. Kurze Aufregung gibt es, als der Motor eines Bootes ausfällt und alle Insassen mitten auf dem See umsteigen müssen. Dank Rettungswesten gab es keine Verluste und alle lachten später über dieses Abenteuer.
Der Abschied aus ELSAMERE und von den Schildkrötenbabies, die Abdallah entdeckt hatte, fiel schwer und wir machten uns auf den Weg zurück nach Nairobi, wo wir zu einem späten Mittagessen eintrafen.
Der geplante Besuch des Railway-Museums in Nairobi fiel dem stehenden Verkehr der Hauptstadt zum Opfer. Nachdem wir für 5 Kilometer 2,5 Stunden gebraucht hatten, war die Öffnungszeit des Museums vorbei. Und nein – wir hätten nicht laufen können! Es goss in Strömen und kein Kind Tiwis besitzt einen Regenschirm! Deshalb hielten wir an einem Einkaufszentrum, in dem wir beiden Europäer in die Souvenirläden fielen und unsere Schüler und Lehrer in den Supermarkt. Zurück in der Unterkunft, gab es Abendessen und alle fielen in die Betten.

Samstag, 3. März

Tatsächlich waren alle pünktlich um 5 Uhr abfahrbereit am Bus. Ein schnelles Frühstück war zeitlich noch drin und dann ging es los zum Bahnhof in Nairobi. Die Zugfahrt zurück war anders als die Hinfahrt: mussten wir bei der Hinfahrt noch alle schnatternden Kinder zur Ruhe im Abteil mahnen, so schliefen jetzt alle tief und fest! Nach der Busfahrt von Mombasa nach Tiwi, die uns noch einmal 3 Stunden Wartezeit an der Fähre bescherte, wurden alle Kinder wohlbehalten, fröhlich und voller Erzählstoff entlang der Straße nahe ihrem Zuhause abgesetzt.

Fazit:

Es hat sich rentiert. Nicht nur, dass wir die Tage mit vielseitigen Erlebnissen und Erfahrungen füllen konnten, von denen die Kinder noch lange berichten können. Wir haben auch die Kinder abseits des Schulalltags beobachten und einem Jungen helfen können sich in die Gruppe der Jungs integrieren zu können. Wir konnten herausfinden, warum ein Junge sein Taschengeld für zuhause spart, und dass REHEMA, mittlerweile eine fröhliche 14jährige, ein Sonnenschein ist, die das Leben so positiv nimmt, wie es niemandem von uns gelingt. Und vor allem: wir haben das Leben unserer Kinder bereichert. Und genau so soll es sein!

Tiwi, im März 2018

Susanne Roithmeier