Tiwi 9. September 2008


Liebe Interessierte in Deutschland,

ein halbes Jahr ist seit meinem letzten Bericht auf unserer Seite TIWI AKTUELL vergangen. Ich freue mich deshalb, Ihnen wieder einen Bericht über unser Leben in Tiwi und unsere Aktivitäten schicken zu können.

Die Wahl und die darauf folgenden Wochen der Unruhen haben das Land nicht nur kurzfristig lahmgelegt. Die Folgen tragen die Menschen. Die Buchungen in den Hotels sind komplett eingebrochen und viele Hotels sind geschlossen. In den wenigen geöffneten Hotels verlieren sich oftmals nur 10 Gäste, die von abgemagertem Personal bedient werden. Denn wer überhaupt noch Arbeit hat, ernährt auch die Großfamilie und die Nachbarn mit. „Wie soll ich etwas hinunterbekommen, wenn nebenan das Nachbarskind vor Hunger weint“, diese Aussage einer der Häkelfrauen steht für unsere ganze Küstenregion.

Dazu kommt eine Inflation enormen Ausmaßes. Wir haben keniaweit eine Inflation von 30% mit steigender Tendenz. Die Menschen stehen dem allem machtlos gegenüber.

Umso wichtiger ist und bleibt die Schulspeisung, die für uns zu einer finanziellen Herausforderung geworden ist. Wir wissen um ihren Stellenwert im Leben und in der Gesundheit der Kinder, da viele Kinder zuhause zum Teil nur noch Tee, mit viel Glück ein wenig Ugali bekommen können. Wenn uns die Schulspeisung einer Klasse von 30 Schulkindern  noch vor einem Jahr ca. 150 Euro pro Monat gekostet hat, müssen wir nun ca. 200 Euro aufbringen. Bei 7 Klassen in 2008 (und 8 in 2009) sprechen wir von einer Differenz von 350 Euro pro Monat, die der Verein zusätzlich aufzubringen hat, wenn die Qualität der Nahrung nicht leiden soll. Und das soll sie nicht. Ich bedanke mich deshalb an dieser Stelle vielmals für zweckgebundene Spenden zur Schulspeisung.

Kommen wir zu den Waisen. Im Februar eröffneten wir mit dem Einzug der Asante-Nursery unser Waisenzentrum. Der August brachte die zweiten Ferien im laufenden Schuljahr und damit unseren zweiten Block von Betreuung, Nachhilfe und kreativen Workshops. Alle unsere Waisen, die das Schuljahr über in verschiedene nahegelegene Grundschulen gehen, kamen im Asante-Waisenzentrum zusammen. Alle vorhandenen Räume waren mit Kleingruppen besetzt, um die sich engagierte Lehrer oder Betreuer kümmerten. Nicht nur, dass die Kinder willkommene Beschäftigung für die Ferienzeit hatten, wo sich sonst niemand um sie kümmern könnte, sondern sie hatten damit auch in den Ferien die Möglichkeit, morgens den traditionellen Frühstücksbrei und mittags ein Mittagessen zu bekommen. Es war eine gute Zusammenarbeit zwischen kenianischen und deutschen Lehrern und Betreuern, die den Kindern ein buntes Mix aus Unterricht, Gesang, Spiel und kreativer Beschäftigung bieten konnten. Die Kinder nahmen es dankbar an. Den Abschluss bildete ein Ausflug für die älteren Kinder zu einer Ausstellung nach Mombasa. Wir hatten außerdem zweifach Besuch der lokalen Behörden, die mit Staunen und Interesse die Begeisterung der Kinder und der Lehrer beobachteten. Dass wir mit unserem Konzept, die Waisen zu integrieren, zu beschäftigen und zu fördern, auch behördliche Anerkennung finden, zeigt nicht nur der Besuch der Offiziellen, sondern auch eine erneute Zuweisung von Nahrungsmitteln, die wir zur zusätzlichen Ausgabe an die Angehörigen der Waisen erhalten haben. Die Kinder von der Straße zu holen und ihnen einen Stellenwert in der Gesellschaft zu geben, ist ein wegweisendes Konzept und findet nicht nur bei den Besuchern aus Deutschland, sondern auch bei Bewohnern und Behörden in Tiwi große Beachtung.

In Kürze erreicht die Paten unter Ihnen der jährliche Patenbrief mit ausführlichen Informationen über Ihre Kinder, die Schule, das Lebensumfeld und unsere Aktivitäten und Ziele.

Ich grüße Sie ganz herzlich aus Tiwi
Ihre Christine Rottland